Wenn Frauen einen Tag streiken würden…

Mrz 8, 2022Personen und Persönlichkeiten0 comments

… würde die gesamte Gesellschaft zusammenbrechen, sagt Veronika Bohrn Mena. Zum Tag der Frau habe ich die 35jährige Autorin und Arbeitsmarktexpertin für die Salzburger Straßenzeitung Apropos interviewt. Das gesamte Interview ist ab April online nachzulesen, auch über Ihr Buch „Leistungsklasse“ habe ich bereits berichtet.

Heute, am 8. März 2022, möchte ich ein paar ihrer Zitate veröffentlichen, die es aufgrund Platzmangels nicht in die Zeitung geschafft haben – aber trotzdem lesens- und reflektierenswert sind!

Über Leistung und die „weiblichen Skills“:

Wir messen Leistung anhand von bestimmten Parametern, die nicht unbedingt etwas damit zu tun haben, wie wertvoll die Leistung tatsächlich ist. Wir schauen ganz wenig auf soziale Kompetenzen und ganz stark auf Logik. Und es ist eh lieb und nett, wenn man gute Noten in Mathematik hat, aber das wird einem in vielen Berufen nichts bringen. Wenn eine Person empathisch und resilient und ein verbindender Mensch ist, der sich selbst zurücknehmen und auf andere eingehen kann, das sind das die typischen „weiblichen“ Kompetenzen.

Aber Frauen können das nur deswegen besser, weil sie dazu gezwungen werden, das besser zu können. Weil es von Mädchen erwartet wird, das fängt auch schon wieder bei den kleinen Kindern an. Ein Bub, der wild ist und frech ist, das ist süß, da sagt man liebevoll der kleiner Racker und Strizzi, aber ein Mädchen, das schlimm und wild ist, wird viel eher zurückgewiesen, da wird viel eher gesagt: Sei brav, sei ruhig. Selbst bis heute ist es so, dass sich Buben stärker verwirklich können, sie dürfen lauter sein und sich ausleben. Und Mädchen müssen auch heute noch verbindender und angepasster sein.

Über die unterschiedlichen Erwartungen an Männer und Frauen

Von Frauen wird erwartet, dass sie ausgleichend sind, sozial, empathisch, liebevoll und nett, attraktiv und gepflegt (und auch das bedeutet Zeit und einen Aufwand, den Männer nicht haben!). Und gleichzeitig sollen wir uns um den Haushalt kümmern, systemerhaltend wirken, die krisenrelevanten Jobs machen – das ist einfach nicht schaffbar! Das führt dazu, dass Frauen eine Lebensqualität nicht haben, die Männer haben. Es wird einfach mit unterschiedlichem Maß gemessen und Frauen können sich ganz viele Dinge nicht leisten, die bei Männern ganz normal sind. 

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Ein Mann, der zu Hause nichts macht, ist halt ein Haushaltsmuffel. Oder er hat beruflich so viel zu tun. Eine Frau, die beruflich genauso viel zu tun hat und im Haushalt nichts macht, ist faul und eine schlechte Mutter. Wenn ein alleinerziehender oder karenzierter Vater ein Kind mit schmutzigem Gewand in den Kindergarten bringt, würde niemand schief schauen oder was sagen. Aber bei einer Mutter, die drei Mal ein schmutziges Kind abliefert, wird sofort nachgefragt. Einer Frau schickt man am liebsten gleich das Jugendamt nach Hause, und bei einem Vater ist es egal.

Über die Schuldgefühle von Frauen – und die politische Verantwortung

Anstatt dass Frauen wütend auf die Politik sind, haben sie schlechtes Gewissen und suchen die Schuld bei sich. Mir hat nicht ein einziges Mal ein Vater von schlechtem Gewissen erzählt, weil er keine Homeschooling Aufgaben mit dem Kind gemacht hat. Die belasten sich mit solchen Dingen nicht. Das ist nicht nur eine charakterliche Sache, sondern etwas Systemimmanentes, Gesamtgesellschaftliches. Das wichtigste ist, dass Frauen miteinander sprechen und dass es endlich ankommt, dass es nicht um individuelles Versagen geht, sondern um ein gesamtgesellschaftliches, politisches Problem.

Strukturelle Probleme müssen immer auf politischer Ebene gelöst werden und nicht individuell! Ich kann das nicht alleine schaffen, ich kann mir noch soviel Mühe geben und mich abstrampeln. Wir kommen nur weiter, wenn wir aufhören das auf einer individuellen Ebene zu thematisieren, indem wir uns 10-Minuten-Rezepte und Selbsthilferatgeber zur Selbstoptimierung und Alltagsorganisation hineinziehen, sondern uns darauf konzentrieren, dass das ein politisches Totalversagen ist.

Über ihren Wunsch an die Frauenpolitik

Von all den Parteien, die von sich behaupten, einen feministischen emanzipatorischen Anspruch zu haben, kommt überhaupt nichts. Eine Johanna Dohnal würde heute ganz anders auf den Tisch hauen und andere Sachen sagen, als was wir jetzt von der Frauenministerin hören. Da ist eine ganz große Lücke. 

Ich würde mir wünschen, dass die Frauenbewegung durch Wut und den Punkt „Jetzt reichts“ wieder eine lebhafter und lebendiger wird. Weil ich glaube, dass Frauen bessere Politik machen – nicht, weil sie die besseren Menschen sind. Sondern weil sie aufgrund ihrer Konditionierung in der Regeln sozialer und verantwortungsbewusster agieren und mehr auf die Schwächeren und nicht nur auf die Starken schauen. Vielleicht braucht es ja eine Frauenpartei.

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