Eigentlich war ich ja gut gelaunt auf der Rückfahrt von den Weihnachtsfeiertagen in NÖ. Plötzlich stand es da vor mir, direkt vor der Autobahnauffahrt: Ein Plakat mit der niederösterreichischen Landeshauptfrau Mikl-Leitner und der Aufschrift „Muttersprache: Niederösterreich.“ Ich war sprachlos – sowohl in meiner Erst-, als auch den weiteren Sprachen, die ich beherrsche. Was will mir Mikl-Leitner damit sagen? Dass die Sprache, die sie als Landesmutti ihren Untertan:innen beibringt, die erste und richtige ist? Dass nur, wer die Sprache Niederösterreichs spricht, ein Anrecht hat unter ihrem mütterlichen Schutz zu stehen? Dass das Primat der Sprache von der ÖVP ausgeht? In mir bleibt ein Gefühl der Ratlosigkeit, aber auch das Gefühl, dass hier etwas Anmaßendes passiert, etwas Persönliches von der Politik vereinnahmt wird. Denn gerade was den Umgang mit Muttersprachen umgeht, ist man ja hierzulande nicht unbedingt tolerant und Mehrsprachigkeits-fördernd. (Siehe dazu auch folgenden Blog-Eintrag)
Aber es kam noch dicker… noch in Gedanken versunken, sprang mir das nächste Plakat vor die Windschutzscheibe:
Es geht auch sicher?!
Ein dunkles Plakat mit schemenhaften, schwarzen Shilouetten in Zweierreihen. Soll es eine illegale nächtliche Grenzübertritts-Aktion darstellen? Darüber in großen Lettern: „Asylchaos“ und die Frage: „Willst du das? Wählst du das?“ Da ist es also wieder, das Feindbild Migration, die Angstmache davor, dass wir von Gestalten im Finstern heimgesucht werden, die Gewalt und Terror über unser Land bringen. Aber die rettende Botschaft der FPÖ: Es geht auch sicher. Und dahinter gleich ein Plakat mit einem entschlossen blickenden Udo Landbauer, dem Spitzenkandidaten der FPÖ NÖ. Ehrlich gesagt sind es eher er und sein Gesichtsausdruck, die mir Angst bereiten… Gott sei Dank ist Kickls „Festung Österreich“ auch nicht weit. Da können wir uns ja gut beschützt und bewacht fühlen, wenn Kickl höchstpersönlich im Militärparka für Recht und Ordnung sucht. Wie es „sicher“ gehen soll, schlägt die FPÖ auch gleich vor. Nämlich mit einem Asyl-Stopp. Damit müsste Österreich allerdings die Unterzeichnung der UN-Flüchtlingskonvention rückgängig machen und völkerrechtliche Verträge brechen, was man dem Volk aber nicht verrät.
Und das war nur der Anfang…
Meine gute Laune ist schlagartig verschwunden, denn mir wird klar: Das war nur der Auftakt. Denn nach den NÖ Landtagswahlen Ende Jänner folgen am 5. März 2023 die Landtagswahl in Kärnten und am 23. April 2023 jene in Salzburg. Und 2024 wird auf Bundesebene gewählt. Und wieder wird Stimmung gemacht, werden Sündenböcke identifiziert und werden keine Visionen, sondern Angst verbreitet. Mir graut schon jetzt – und das mir, als überzeugter Demokratin! Denn ich finde nichts wichtiger als sich an Wahlen zu beteiligen und habe oft genug thematisiert, wie problematisch es ist hier lebende Menschen vom Wahlrecht auszuschließen. Die Lösung…? Ich weiß es nicht. Aber für mich gilt auf jeden Fall: Wahlen ja, bitte! Wahlkampf nein, Danke!
Lichtblick: Pass Egal Wahl
Dass all diese Wahlen jedoch wieder eine Gelegenheit sind, auf die Interessen hier lebender Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft hinzuweisen, finde ich allerdings gut. Das macht SOS Mitmensch seit Jahren mit der „Pass Egal Wahl„, die in Niederösterreich bereits über die Bühne gegangen ist. Noch besser wäre allerdings, diese Menschen ganz legal bei den ganz „normalen“ Wahlen mitwählen zu lassen…!