Woran ich bei „für alle Fälle“ denke? An die Tatsache, dass wir uns gern gegen alles und jedes absichern wollen. Nur ja keine bösen Überraschungen, alle Eventualitäten berücksichtigen und dort, wo es geht, am besten eine Versicherung abschließen. Man weiß ja nie…
Typisch österreichisch? Schauen wir doch einfach bei Geert Hofstede nach! Der niederländische Kulturwissenschaftler hat in weltweiten Studien untersucht, worin sich Kulturen unterscheiden, und das Modell der kulturellen Dimensionen entwickelt. „Unsicherheitsvermeidung“ ist eine der Dimensionen. Hier geht es darum, wie Gesellschaften mit unbekannten Situationen umgehen: Versuchen sie sie zu kontrollieren und ihr Eintreten zu minimieren oder lässt man sie einfach passieren und macht das Beste daraus?
Erraten – Österreich liegt da mit einem Wert von 70 (von 100) Punkten relativ weit oben, wie man auf der Website von Hofstede Insights erfährt. Eine hohe Unsicherheitsvermeidung bedeutet auch, dass man eine Vorliebe für Regeln, Pläne und Pünktlichkeit hat, die Fehlerkultur nicht sehr ausgeprägt ist und der Grundsatz „Zeit ist Geld“ gilt. Innovation wird mit Skepsis begegnet. Und sogar unsere Titelverliebtheit wird als Beleg für unsere Regelorientierung herangezogen.
Spannend ist der Online-Ländervergleich, den man auf der Website machen kann. Wer schlägt Österreich in der Unsicherheitsvermeidung? Japan mit 92 oder Mexiko mit 82 Punkten. Und am unteren Ende der Skala? Zum Beispiel Schweden mit 29 oder Dänemark mit 23 Punkten. Dort ist man flexibler, generell offener gegenüber Veränderungen und risikobereiter.
Tickt jedes einzelne Mitglied der Gesellschaft so, wie es der Landeswert beschreibt? Natürlich nicht! Trotzdem ist dieses Tool eine nette, aufschlussreiche Spielerei – und es macht wieder einmal bewusst, dass das, was hierzulande als „normal“ empfunden wird, in anderen Teilen der Welt ganz anders aussieht.
Dieser Text erschien als „Vielfaltskolumne“ in der Salzburger Straßenzeitung Apropos im September 2024.
