Vor zwei Jahren war im Schloss Mirabell die Ausstellung „Erlebnis Stille“ zu Gast, bei der man in die Welt gehörloser Menschen eintauchen konnte – und auch in die Gebärdensprache und das Fingeralphabet. Als ich mühevoll meinen Namen buchstabiert hatte, erklärte mir der gehörlose Guide, dass es auch Namensgebärden gibt. Diese charakterisieren die jeweilige Person – z.B. durch ein äußerliches Merkmal, ein Hobby, eine Eigenschaft – und werden benutzt, wenn man über diese Person spricht. Ich war ganz stolz, mir meinen persönlichen Gebärden-Namen auszuwählen: Die Farbe rosa – also Pink.
Im August dieses Jahres konnte ich an dieses Erlebnis anzuknüpfen: Beim Gebärdensprach-Workshop im Rahmen der Pride Week der HOSI Salzburg gemeinsam mit dem Gehörlosenverband Salzburg ließ man uns erste Kommunikationsversuche in der österreichischen Gebärdensprache machen. Sie ist seit 2005 in der Bundesverfassung als eigenständige Sprache anerkannt und seit 2021 als Unterrichtssprache im Lehrplan verankert. Was aber nicht bedeutet, dass alle, die es brauchen, Zugang zu (Bildungs)Angeboten in Gebärdensprache haben – eine Folge der langen Diskriminierung und Unterdrückung dieser Sprache.
Das besonders Wertvolle waren die Einblicke, die uns die Referenten in ihr Leben gaben – und in die Missverständnisse, die zwischen Hörenden und Gehörlosen entstehen können. Viele Menschen sind irritiert und eingeschüchtert, wenn sie andere gestikulieren sehen. Und genauso wie sich in der Lautsprache hitzige Diskussionen in der Lautstärke ausdrücken, wird in Gebärdensprache eben nachdrücklicher gebärdet. Da kann bei Nicht-Eingeweihten schon mal der Eindruck entstehen, dass eine Handgreiflichkeit kurz bevorsteht, und es wird die Polizei gerufen.
Auch haben gehörlose Menschen verschiedene Techniken, um auf sich aufmerksam zu machen: Das kann durch Berührung sein oder auch durch Stampfen auf den Boden, was für die anderen als Vibration spürbar ist. Damit ist klar: Diese Person will etwas sagen! Weiß man das nicht, könnte das als unhöflich oder distanzlos interpretiert werden.
Ohne Dolmetscherinnen hätten wir keine Chance gehabt, uns auszutauschen. Doch die sind rar. Gerade einmal vier Ausbildungsstätten gibt es in Österreich – immerhin eine an der Universität Salzburg. Die gute Nachricht: Auch der Gehörlosenverband Salzburg bietet Kurse an – eine gute Gelegenheit, sich Basiskenntnisse anzueignen! Denn in anderen Sprachen bemühen wir uns ja auch zumindest „Hallo“, „bitte“, „danke“, „ich heiße“ und „auf Wiedersehen“ zu sagen, oder?
Dieser Text erschien als „Vielfaltskolumne“ in der Salzburger Straßenzeitung Apropos im November 2023.
Fotocredit: HandsUp_Mutter_gebärdet_IloveYou_(c)equalizent