Eine Radiomeldung ließ mich unlängst aufhorchen: Die Geschichte von Pompeji, das 79 n. Chr. bei einem Vulkanausbruch unter Asche begraben wurde, muss teilweise neu geschrieben werden. Warum?
Weil man mit heutigen Methoden frühere Annahmen widerlegen kann – in diesem Fall zum Haus einer „Familie“. Im „Haus des goldenen Armbands“ hatte man bei Ausgrabungen in den 1960er bis -80er Jahren vier Personen gefunden: zwei Kinder und zwei erwachsene Personen, eine davon mit goldenem Armband. Für die Forschenden war sonnenklar: Hier handelt es sich um eine Familie. Vater, Mutter, zwei Kinder.
Irrtum ausgeschlossen…?
Kürzlich haben DNA-Analysen gezeigt, dass es sich um vier männliche Personen handelt, die genetisch nicht miteinander verwandt sind. Was zeigt uns das? Dass auch die Wissenschaft einer gesellschaftlichen Norm-Annahme erlegen war, wie Familie auszusehen hat und wer sich unter einem Dach befinden soll. Obwohl man aus Aufzeichnungen weiß, dass „familia“ in der römischen Gesellschaft nicht nur die genetisch verwandten Personen umschloss, sondern oft auch das nähere Umfeld wie z.B. Sklaven und Bedienstete. Trotzdem hält sich das Idealbild der klassischen Vater-Mutter-Kind Familie bis heute hartnäckig, auch wenn es längst von der gesellschaftlichen Patchwork- und Regenbogen-Realität überholt ist.
Worum geht es in Wahrheit?
Folgendes Posting, das gerade durch die sozialen Medien geistert, bringt es finde ich auf den Punkt:
„Wenn deine Beziehung auseinandergeht, komm nach Haus.
Wenn du deine Rechnungen nicht mehr zahlen kannst, komm nach Haus.
Wenn du psychisch angeschlagen bist, komm nach Haus.
Wenn du dich traurig oder alleine fühlst, komm nach Haus.
Egal wo du bist und wie alt du bist, du kannst immer nach Hause kommen.
Ich werde immer dein Zuhause sein.“
Welches Geschlecht, welches Alter oder welchen Verwandtschaftsgrad die Person hat, die so etwas sagt, sollte doch egal sein. Da schließe ich mich gern Rose Wellek Mestian an, die im Titel-Interview der Salzburger Straßenzeitung Apropos zum Thema „heilige Familie“ meint: „Familie ist für mich ein buntes Bild, wo alles Platz hat“.
Dieser Text erschien als „Vielfaltskolumne“ in der Weihnachts-Ausgabe der Salzburger Straßenzeitung Apropos im Dezember 2024.
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