Mit dem Hammer auf dem Holzweg

Nov 3, 2024Geschichten vom Holzweg

Kennen Sie berühmte „Hammer-Geschichte“ von Paul Watzlawick?

Es geht um einen Mann, der ein Bild aufhängen möchte, und einen Nagel aber keinen Hammer hat. Er weiß, dass der Nachbar einen hat – warum also nicht einfach ausborgen? Kaum hat er den Entschluss gefasst, überkommen ihn schon Zweifel, ob der Nachbar den Hammer überhaupt herborgen würde. Unlängst hat er ihn nur so flüchtig gegrüßt, vielleicht hat er ja was gegen ihn? So beginnt sich sein Gedankenkarussell zu drehen und der Mann findet immer mehr Beweise dafür, dass der Nachbar ihn nicht mag und arrogant ist. Bis er schließlich hinübergeht, läutet und den Nachbarn anschreit: „Behalten Sie Ihren Hammer!“

Diese kleine Geschichte zeigt, wie unsere Annahmen und Interpretationen unsere Einstellung und unser Verhalten gegenüber anderen Menschen beeinflussen. Oft ohne, dass diese die geringste Ahnung haben, was Sache ist oder wie eine Nebensächlichkeit gedeutet wurde. Im Interpretieren sind wir spitze, das machen wir tagein tagaus, meist unbewusst. Und das ist auch gut so. Nur geraten wir eben auch hie und da auf den Holzweg. Was dagegen hilft?

Der Notbremse-Tipp

Innehalten und versuchen sich bewusst zu werden, wo die reine Beobachtung aufhört und die Interpretation beginnt. Das ist oft gar nicht so leicht!

Hier ein Beispiel: Nina ist traurig. Wenn ich das bei Ninas Anblick sage, ohne mit ihr gesprochen zu haben, handelt es sich dann um eine Beobachtung oder eine Interpretation? Und wenn es eine Interpretation ist, anhand welcher Beobachtung würde ich zu diesem Schluss kommen? Man könnte sich auch den Spaß machen, und für eine Beobachtung absichtlich ein paar verschiedene Interpretationsmöglichkeiten erfinden. Dann würde die erste spontane Interpretation relativiert werden. Und am allerbesten ist es natürlich, die eigene Sichtweise mit dem Gegenüber abzuklären.

Varianten erfinden!

Mit ein bisschen mehr Zuversicht wäre auch die Hammer-Geschichte anders ausgegangen. Vielleicht so: Unlängst hat mich der Nachbar nur flüchtig gegrüßt. Schade eigentlich, ich hätte gern mit ihm geplaudert. Mir kommt er nämlich sehr nett vor. Und so könnte der Mann läuten und sagen: „Ich wollte Sie schon lang zu einem Plausch einladen. Wann haben Sie denn Zeit? Ach ja – und könnten Sie bei der Gelegenheit bitte Ihren Hammer mitbringen?“

Dieser Text erschien als „Vielfaltskolumne“ in der Salzburger Straßenzeitung Apropos im November 2024.
Bild von Maxim Kazachkov auf Pixabay

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