Anschaulich, persönlich, Augen öffnend: So lesen sich die soeben erschienenen „22 Antirassismus-Tipps für den Alltag“ der Black Voices. Die überparteilichen Black Voices kämpfen auf vielfältige Art und Weise für politische und gesetzliche Maßnahmen gegen Rassismus, unter anderem mit dem Antirassismus-Volksbegehren 2022. Im Buch „War das jetzt rassistisch?“ erklären 22 People of Colour anhand eigener Erlebnisse, warum bestimmte Wörter, Fragen, Annahmen, Handlungen, Strukturen, rassistisch sind – auch wenn das Nicht-Betroffene nicht so empfinden. Sind wir jetzt also alle böse Rassist:innen?
Rassismus ist nicht gleich Böse-Sein!
Das stellen die Autorinnen des ersten Beitrags gleich klar. Denn wir alle sind mit rassistischem Gedankengut aufgewachsen und sind nicht immun dagegen. Rassismus als System und Ideologie beeinflusst uns alle und kann nicht ohne den Kolonialismus als Geschichte der Unterdrückung und Rechtfertigung von Ungleichbehandlung verstanden werden. Black Voices ermutigen uns, genau hinzuschauen und den Vorwurf „Das war rassistisch“ nicht automatisch als „Du bist rassistisch“ aufzufassen. Sondern ihn als Anlass nehmen, sich zu entschuldigen, nachzufragen, zu lernen. Einen tollen Anfang dafür macht dieses Buch.
22 Fragen – 22 Antworten
Scheinbar harmlose, alltägliche Fragen sind die Überschriften jedes einzelnen Kapitels. Fragen, die sich People of Colour tagein tagaus anhören müssen. „Was für eine Mischung bist du?“ ist da ebenso zu finden wie „Woher kommst du wirklich?“ oder „Darf ich dein Haar anfassen?“. Zu lesen, was diese Äußerungen bei den Personen auslösen, welches Gedankenkarussell in Gang gesetzt wird, welche Ohnmachtsgefühle entstehen können, wie fieberhaft nach der „richtigen“ Reaktion gesucht wird, schafft auf einer persönlichen Ebene Betroffenheit. Ergänzt werden die individuellen Schilderungen mit Fachwissen und historischen Erklärungen. Das ermöglicht einem die strukturelle Dimension all dieser Alltagsrassismen zu erkennen. Die Leser:innen werden direkt angesprochen und erhalten Tipps, woran sie rassistische Denkmuster erkennen und diese überwinden können. Kleine Reflexionsfragen und Aufgaben zwischen den Kapiteln geben Anregungen zur weiteren Beschäftigung mit dem Thema.
Intersektional und Community-übergreifend
Der große Gewinn dieses Buches ist, dass Rassismus auch intersektional – sprich, mit anderen Formen der Diskriminierung gemeinsam erörtert wird, also zum Beispiel mit Sexismus oder Antisemitismus. Die Autor:innen kommen aus der afrikanischen, muslimischen, asiatischen, jüdischen und Rom:nja-Community, was verschiedene Blickwinkel auf Rassismus und seine Begleiterscheinungen ermöglicht.
Workshop mit Camila Schmid und Chantal Bamgbala
Zwei Autorinnen des Buches waren im Rahmen des Fachkräfteaustausches für Jugendarbeiter:innen „All Equal – aber wie?“ zu Besuch in Salzburg. Jede von ihnen stellte das Thema des Kapitels vor, das sie geschrieben hatte. Ihre Geschichte persönlich aus ihrem Mund zu hören, schuf noch einmal eine andere Ebene der Betroffenheit und Empathie. Der Austausch mit ihnen hat uns zu Grundsatzfragen hinsichtlich unserer Haltung und Arbeit an sich gebracht, die wir sonst vielleicht nicht diskutiert hätten. Und es war auch sehr motivierend zu sehen, dass da eine junge, selbstbewusste Generation von Aktivistinnen da ist, die es in jeder Hinsicht zu unterstützen gilt!
Daher: Black Voices, Chantal Bamgbala und Camila Schmid machen auch selbst antirassistische Trainings und Beratungen – also bei Bedarf einfach kontaktieren – oder in ihre Podcasts und Kunstprojekte reinschnuppern!