Spätestens seit #blacklivesmatter gerät eine Thematik wieder vermehrt ins Rampenlicht: Die Darstellung von Schwarzen und People of Colour in Medien und im öffentlichen Raum. Diese bedient oft Stereotype und rassistische Vorurteile und wird daher als herabwürdigend empfunden.
„Das war schon immer so!“
Besonders delikat wird es, wenn es um alteingesessene Bezeichnungen, Logos von Traditionsunternehmen und historischen Stätten geht. Ein mittlerweile berühmtes Beispiel ist die Vorarlberger Mohrenbrauerei in Dornbirn, deren Logo ein schwarzer Krauskopf mit wulstigen Lippen ziert. Schon seit Jahren flammt die Diskussion um das Logo immer wieder auf, bisher wurde aber von der Geschäftsleitung dementiert, blockiert und gemauert. Im Juni 2020 hagelte es im Rahmen der Black Lives Matter Anti-Rassismus Aktionen erneut Kritik für die Traditionsbrauerei – diesmal mit einem saftigen Shitstorm auf Facebook, der zur vorübergehenden Schließung des Kanals führte. Zu Beginn wurden seitens der Brauerei reflexartig dieselben Argumente wiederholt: Man sei fern von Rassismus, das Logo habe Tradition und werde sicher nicht geändert. Doch siehe da – ein paar Tage später gab die Brauerei bekannt, einen Markenprozess zu starten und das Logo von Expert:innen überprüfen zu lassen. Es bleibt also spannend – denn bis dato hat der Markenprozess noch kein sichtbares Resultat hervorgebracht…!
Es geht auch anders!
Da ist die Inhaberhin der Wiener Mohrenapotheke, Teresa Morosi, schon weiter: Sie hat ihre Innenstadt-Apotheke, die seit dem 17. Jhdt. „Zum schwarzen Mohren“ heißt und deren Namen sich auf einen äthiopischen Heiler bezieht, Anfang 2021 umbenannt. Die herabwürdigende Darstellung ebendieses Heilers in der Auslage wurde beseitigt, auf der Homepage ein Erklärungstext zum „Mohren“ angebracht. Zitat: „Wir sind uns bewusst, dass der Begriff für viele Menschen diskriminierend und verletzend ist und arbeiten an einer Neugestaltung.“ Und auch die Traditionsmarke Julius Meinl hat sich mit der Neueröffnung des Meinl am Graben im Oktober 2021 von seinem alten Logo getrennt und verwendet nur noch die traditionelle Fez-Kopfbedeckung als Logo.
Ein Beispiel, das Schule macht? Bleibt abzuwarten… Denn sieht man sich im Internet und in den Straßen um, so kommen einem doch mehr „Mohren“ unter als man dachte… Wobei die Bezeichnung an sich nicht problematisch ist – erst mit den altbekannten Stereotypen verknüpft entwickelt sie ihre diskriminierende und rassistische Sprengkraft.
An der schönen blauen Donau
Ein besonders kurioses Beispiel findet sich in der Wachau. Dort führt die Familie Neger seit Generationen eine Getränkeproduktion. Ja, die Familie heißt wirklich Neger. Und das Logo der Firma „Wachauer Getränke seit 1912“ ziert… natürlich, eine halbnackte kleine schwarze Figur mit Lockenkopf und Baströckchen. Auch hier wird seit Jahren argumentiert, dass das ja nicht rassistisch gemeint sei und dass man stolz auf das über 70-jährige Logo wäre. Und das, obwohl der Werberat schon 2017 eine Überarbeitung empfohlen hatte. Mal sehen, ob sich auch da etwas in Bewegung setzt – außer den firmeneigenen LKW’s, die von einer heute-Leserin öffentlich beanstandet wurden…
Auch Mozart saß beim „Mohren“
Unlängst beim Spaziergang durch die Salzburger Altstadt ist mir dann plötzlich das Restaurant „Zum Mohren“ aufgefallen. Ebenso ein Haus mit jahrhundertelanger Tradition und auch das Restaurant-Schild hängt sicher schon sehr lange in dieser Form in der Judengasse. Dieses ist so „neutral“ gehalten, dass ich schwer beurteilen kann, ob es als diskriminierend wahrgenommen wird – da wäre ich auf Input aus der Community gespannt! Das Lokal wurde 2013 von einer indischen Familie neu übernommen. Die Website, die es 2020 noch gab, existiert jetzt nicht mehr. Ob also das unten abgebildete stereotype Klischee-Logo noch verwendet wird, kann ich nicht sagen.
Im Salzkammergut, da kann man gut lustig sein…?
Vom Recherche-Eifer gepackt habe ich 2020 auf das nächstbeste Salzburger Mohren-Ergebnis auf Google geklickt: Der Mohrenwirt in Fuschl am See. Blick auf die Homepage: Das Logo ist neutral, es wird zwar die Geschichte des Hauses kurz erwähnt aber kein Bezug auf die Benennung gemacht. Beim Surfen gerate ich aber auch auf (alte?) Seiten, die ein anderes Logo – erraten, mit einem Schwarzen im Profil – zeigen. Und das Sporthotel dürfte auch Rad-Dressen mit diesem Logo gehabt haben.
Bei einem Lokalaugenschein vor Ort wollte ich Fotos machen, um diesen Blog-Eintrag fertig zu schreiben, doch dann: Akku leer! Und deswegen blieb dieser Beitrag über ein Jahr unveröffentlicht – bis… ja, bis Simon Inou am 14. Februar 2022 auf seinem Facebook Profil einen SN-Beitrag teilte!
Happy End: Aus dem Mohren wurde Jakob!
Für mich ist es spannend zu sehen, dass in den 1,5 Jahren doch etwas passiert ist… die Mühlen mahlen zwar langsam, aber vielleicht besteht Hoffnung, dass auch die feucht-fröhlichen Getränkehersteller von Donau bis Bodensee einmal in die Gänge kommen – was meint ihr?